Ist der Kapitalismus die Wurzel psychischer Erkrankungen? Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) und seine Geschichte
Podiumsdiskussion
Donnerstag, 24.7.2025, 19 Uhr / Ort: Karl Jaspers Zentrum, Voßstraße 2, 69115 Heidelberg
Moderation: FOR-Mitglieder Dr. Susanne Doetz und Prof. Dr. Maike Rotzoll
Eintritt frei
In den 1970er Jahren entstand in Heidelberg unter dem Namen Sozialistisches Patienten Kollektiv (SPK) eine Gruppe aus ambulanten Psychiatrie-Patient*innen, Studierenden, Aktivist*innen um den Arzt Wolfgang Huber. Gemeinsam übten sie eine radikale Kritik an der Psychiatrie sowie an der kapitalistischen Gesellschaft, die sie als Wurzel psychischer Erkrankungen identifizierten. Das SPK forderte die Überwindung der bestehenden Gesellschaftsordnung und die Kontrolle des Gesundheitswesens durch die Patient*innen selbst. Mit Aktionen wie Besetzungen, Hungerstreiks und den öffentlichkeitswirksamen „Patienten-Infos“ – eigenproduzierten Flugblättern – stellten sie die akademische Ordnung infrage und setzten neue Maßstäbe in der Patientenbewegung.
Im Rahmen der Ausstellung „NORMAL#VERRÜCKT. Zeitgeschichte einer erodierenden Differenz“ im Museum Sammlung Prinzhorn diskutieren wir die Geschichte des SPK, seinen Einfluss auf die Psychiatriegeschichte und seine radikale Infragestellung damaliger Konzepte von „Normalität“ und „Verrücktheit“.
Podiumsgäste:
• Prof. Dr. Christian Pross – Mediziner, Buchautor („Wir wollten ins Verderben rennen. Die Geschichte des Sozialistischen Patientenkollektivs Heidelberg“) und Zeitzeuge
• Dr. Dalia Kasubek, Zeitzeugin
• Dr. Susanne Doetz, DFG-Forschungsgruppe
• Prof. Dr. Maike Rotzoll, DFG-Forschungsgruppe
In der Ausstellung ist das SPK durch einen Matrizendrucker präsent, mit dem das Kollektiv seine Flugblätter selbst produzierte. Diese gemeinsame Medienproduktion hatte nicht nur einen wichtigen gruppenbildenden Effekt, sondern ermöglichte auch eine schnelle und unabhängige Verbreitung der Ideen des Kollektivs. Dies trug maßgeblich zur Eskalation der Auseinandersetzungen mit Universitätsleitung, Kultusministerium und studentischen Gruppen bei – Konflikte, die schließlich in der Militarisierung, Verhaftung einzelner SPK-Mitglieder und der Auflösung des Kollektivs im Juli 1971 gipfelten.